Horrortrip Silvester? Teil 1

Allgemeine Maßnahmen

Viele Hunde und auch Katzen haben mehr oder weniger starke Angst vor lauten Knallgeräuschen. Silvester kann da schnell zum Horrortrip werden.
Wie immer überschlägt sich die „Internetgemeinschaft“ mit gutgemeinten, mal sinnvollen und mal bescheuerten Ratschlägen, was man tun sollte und was auf keinen Fall.

Allgemein halte ich viel davon Tieren ihre Angst durch Übung zu nehmen. Das ist aber ein langfristiger Ansatz. Es ist kurz vor Weinachten, also dieses Jahr schaffen Sie das vor Silvester nicht mehr. Trotzdem sollten sie es in Angriff nehmen wenn sie einen ängstlichen Hund haben. Schließlich hat man das Problem jedes Jahr wieder.

Was tut man dabei?

Grundsätzlich rate ich immer dazu die Tiere schon Wochen (besser Monate) zuvor an diese Geräusche zu gewöhnen. Dafür gibt es Aufnahmen von Silvestergeböller (und auch von Gewittern). Dabei ist es wichtig, die Stereoanlage mit der Lautstärke am Anfang ganz herunterzuregeln bis NICHTS mehr zu hören ist.
Dann dreht man die Lautstärke gaaaaaaaanz langsam höher bis der Hund mit dem Ohr zuckt (oder sonst irgendwie ganz leicht reagiert). Das reicht erst mal. Auf der Lautstärke lassen, bis der Hund das nach ein paar Tagen gar nicht mehr beachtet.
Dann wieder bis zum ersten Ohrenzucken höher drehen….u.s.w.
Umständlich? Langwierig? Ja! Aber wirksam. Drehen Sie zu schnell höher, so machen Sie alles nur noch schlimmer.

Immer schön geduldig bleiben. Der Patient darf beim Training niemals Angst bekommen.

Das ist für mich der beste Weg Knallangst zu bekämpfen. Funktioniert übrigens auch beim Pferd 😉

Nun ist es aber schon wieder wenige Wochen vor Silvester, was also können wir für dieses Jahr noch schnell machen?

Kommt drauf an. Ist der Hund nur in Maßen ängstlich, so helfen enganliegende Hundeshirts wie das Thundershirt oder festes in den Arm nehmen. Musik und den Fernseher im Raum anmachen und Gardinen zuziehen etc. reichen oft für einen ängstlichen, ein wenig zitternden Hund oder Katze.

Bachblüten und verschiedene homöopathische Mittel helfen auch, wenn auch anders als man es sich gemeinhin vorstellt. Egal, die Wirkung via Placebo-by-proxy ist erstaunlich gut. Und gerade bei einem Angstproblem ist es doch prima es psychologisch zu behandeln.

Apropos Psychologie. …Neulich habe ich wieder irgendwo gelesen, man solle die Angst „ignorieren“ um den Hund oder die Katze nicht in seiner Furcht zu bestärken. Das ist so nicht richtig. Wenn ihr Hund oder Katze Angst haben und auf den Arm wollen: Na klar, nehmen Sie sie in den Arm! Wer Angst hat und ignoriert wird fühlt sich im Stich gelassen und bekommt noch mehr Angst. Sie dürfen Ihr Tier aber andererseits nicht für Angst loben. Schon gar nicht selbst vor lauter Sorge selbst unruhig oder panisch werden und damit die Angst bestätigen. Also machen Sie es sich doch gemütlich mit einem Buch oder einem Fernseher, nehmen Sie den Angsthasen auf den Schoß und lenken sie sich und den kleinen Feigling ab. So fühlt sich ihr Freund nicht im Stich gelassen, merkt aber auch daß Sie keine Angst haben. Das ist sehr wichtig.

Zusätzlich gibt es gut wirksame Präparate, die als Futterzusatzmittel zugelassen sind.

Milde aber durchaus sehr wirksame Mittel wie Zylkene, Adaptil oder Sedarom direkt sind gute Hilfen und sollten wirklich benutzt werden:

Zylkene z.B. enthält einen Nachbau des Stoffs, der bei Welpen und anderen Säuglingen im Magen aus der Milch entsteht. Eine besondere Form von „Käse“. Macht ein wohliges zufriedenes Gefühl. Das ist so, damit die Welpen nach dem Essen ruhig sind und nicht herumtoben. Dieser Käsestoff funktioniert auch bei Erwachsenen, aber die können den nicht mehr selbst im Magen aus Milch machen. Also gibt man den Stoff als fertigen Futterzusatz.
So war zum Beispiel eines meiner eigenen Pferde ein großer Angsthase (Trotz Böller-CD… ich mag die den Nachbarn zuliebe einfach nicht noch lauter in meinem Offenstall abspielen.) Yasha bekam vor Angst Streßkoliken. Wer Pferde kennt, weiß wie gefährlich eine Kolik werden kann. Über Jahre hinweg musste ich mein Pferd an Silvester tief sedieren. Seit ich Yasha Zylkene gab war es gut und er schaute sich die Show relativ gelassen an, brauchte keinerlei Sedierung mehr.

SedaromDirekt und Adaptil fördern sozusagen die beruhigend wirkenden Signalstoffe im Gehirn. Wie Zylkene sind sie als Futterzusatzstoffe für Katzen und Hunde erhältlich. Von Adaptil gibt es zusätzlich Pheromonzerstäuber für die Steckdose, die einen beruhigenden Geruch abgeben. Ob beim einzelnen Patienten Zylkene oder Sedarom besser wirken, kann man ausprobieren. Jeder Patient ist eben anders.

Gerade weil auch schon an den Tagen vor und nach Silvester geböllert wird, rate ich rechtzeitig mit der Gabe anzufangen. Das kann in ruhigeren ländlichen Ecken bedeuten ein paar Tage vor und nach Silvester, in Städten fängt man bei Angsthasen schon zwei Wochen vorher an. Das macht man weil ein Tier, daß sich bereits fürchtet und aufgeregt ist nur schwerer wieder zu beruhigen ist. Also wie so oft: Vorbeugung ist besser als behandeln.

Teil 2, über die effektive Sicherung von Hunden an Silvester, aber auch in anderen beängstigenden Situationen: Schreibe ich bis spätestens morgen fertig, versprochen 😉

Zu den „härteren“ Medikamenten für richtige Paniker kommen wir noch in Teil 3.

Bitte immer erst mit Training und den milden Mitteln beginnen und (ganz wichtig) zum Tierarzt gehen und fragen was Sie tun sollen, bevor man selbst zu Medikamenten greift. Wir wollen doch möglichst einen dauerhaften Lerneffekt, nicht ein Tier das völlig fertig und bedröhnt in der Ecke liegt.

Nicht vergessen: Nach Silvester ist vor Silvester.